Mentoring-Programme sind mittlerweile nicht nur in Firmen beliebt, wo jungen Berufseinsteigern die notwendigen Fähigkeiten vermittelt und Beziehungen verschafft werden, mit welchen sie schnell gute Arbeit erbringen und dann einen Mehrwert für das Unternehmen darstellen. Auch Privatpersonen nehmen immer häufiger diese spezielle Form des Coachings in Anspruch, um ihre berufliche Karriere voranzutreiben oder sich auch privat weiterzuentwickeln.
Während beim Coaching jedoch das Bearbeiten einzelner Probleme oder das Erreichen klar definierter Ziele im Vordergrund steht und auch durchaus eine kurzfristige Zusammenarbeit denkbar ist, verhält es sich beim Mentoring etwas anders. Ein Mentor ist nicht nur Coach und Ratgeber, sondern auch Vertrauter, Wegbegleiter und Kümmerer. Die emotionale Beziehung, welche beim Mentoring aufgebaut wird, ist deutlich stärker als beim Coaching, während die Zusammenarbeit meist dauerhaft oder zumindest über einen längeren Zeitraum besteht. Der Mentor ist nicht nur zur Stelle, um Ratschläge zu erteilen und Feedback zum Arbeitsprozess zu geben. Ein Mentor hört sich Sorgen und Nöte an, versteht seinen Mentee und lernt ihn in einem persönlichen Prozess der gemeinsamen Zusammenarbeit immer besser kennen – bis zu dem Punkt, an dem er manchmal bessere Entscheidungen treffen kann, als sein Mentee selbst. Ein solcher Mentor kann in den Fällen Orientierung und Perspektive bieten, in welchen sein Schützling den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht.
Was genau ist Online Mentoring?
Online Mentoring ist letztendlich eine spezielle Form des Kontaktes zwischen Mentor und Mentee (dem „Klienten“). Während es sich von den Inhalten und der Arbeitsweise her von einem „regulären“ Mentoring nicht sehr unterscheidet, ist vor allem der Kommunikationsweg anders. Mentor und Mentee treten über das Internet in Kontakt und sehen sich nur „virtuell“, meist in Form einer Videokonferenz oder eines Videochats, bei welchem mittels Webcam und ggf. zusätzlichem Headset eine visuelle Kommunikationsverbindung aufgebaut werden kann.
Hierbei ist es wichtig zu verstehen, dass es nicht lediglich um einfache Telefonate geht. Das Sehen der anderen Person ist beim Online Mentoring wichtig, denn Mimik und Gestik machen einen Großteil der menschlichen Kommunikation aus. Mit den Augen und den Händen kommunizieren wir mehr Informationen, als mit dem Mund! Können Reaktionen auf bestimmte Themen nicht beim Mentor oder Mentee beobachtet werden, fällt eine Interpretation des Gesagten dem Gegenüber oft schwerer und es kommt leichter zu Missverständnissen. Haben Sie einmal erlebt, dass längere Pausen in einem Telefonat sehr unangenehm sein können? Während diese „produktiven Pausen“ in einer Beratungssituation sehr hilfreich und erleuchtend sein können, führen sie bei reinem Telefonkontakt schnell zu Unsicherheit und werden vorzeitig beendet – man weiß ja nicht, was der andere gerade tut und fängt lieber ein neues Thema an, um die Stille zu unterbrechen.
Eine Mentoring-Beziehung müssen Sie sich vorstellen, wie eine langjährige professionelle Arbeitsbeziehung zu einem Ihnen vertrauten Menschen, welcher in mindestens einem wichtigen Bereich eine hohe Expertise besitzt und deshalb Ihr Vertrauen genießt. Ob der Fokus des Mentorings im privaten oder beruflichen Bereich liegt, ist hierbei nicht erheblich. Die Beziehung ist auf Dauer angelegt, damit Vertrauen entstehen und wachsen kann. Darüber hinaus versetzt eine längere Arbeitsbeziehung Sie sowie Ihren Mentor in die Lage, an größeren „Projekten“ zu arbeiten. Wer sich nach einem Mentoring sehnt, will nicht nur kurzfristig kleinere Probleme lösen. Meist geht es um lebensverändernde Grundsatzfragen zur Karriereplanung, Lebensführung und der Frage, wie Sie ein glückliches und zufriedenes Leben führen können.
Vorteile des Online Mentorings
Manchmal ist es nicht möglich, sich persönlich zu treffen. Gute Mentoren sind manchmal rar und in Ihrer unmittelbaren Nachbarschaft vielleicht nicht verfügbar. Möchten Sie jedoch keine längeren Fahrtzeiten und -kosten in Kauf nehmen, kann ein Online Mentoring eine geeignete Alternative sein. Sie machen alles so, wie Sie es „vor Ort“ mit Ihrem Mentor auch machen würden – nur, dass Sie sich eben nicht persönlich gegenübersitzen. Schon heute nutzen große Unternehmen Online Mentoring wie an diesem Beispiel zu sehen ist.
In den letzten zwei Jahren sind viele Online-Plattformen für kollaborative Zusammenarbeit, den digitalen Austausch, Videotelefonie oder -chats bedeutend weiterentwickelt worden, da die Nachfrage nach kontaktlosen Kommunikationsmöglichkeiten im professionellen Arbeitsumfeld explodierte. Home Office und geschlossene Büros machten es möglich. So stellt der digitale Kontakt zu einem Mentor in Zeiten wie der Corona-Pandemie eine wichtige (und für manche Menschen einzige) Möglichkeit dar, auch weiterhin den Kontakt zu Ihrem Mentor zu halten und seine oder ihre Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Doch es gibt noch weitere Vorteile, von welchen Sie bei einem digitalen Mentoring profitieren können. Zunächst einmal ist die Wahl eines Mentors leichter, wenn Sie nicht an regionale Gegebenheiten gebunden oder durch Fahrtzeiten eingeschränkt werden. Wenn Sie praktisch weltweit nach einem geeigneten Mentor suchen können, werden Sie garantiert genau die Person finden, welche Sie brauchen! Auch können Sie so wählerischer sein, wenn es um die Fachexpertise in bestimmten Themen geht und sichergehen, dass Sie nur den Besten auswählen, weil er der Beste ist – und nicht etwa derjenige, welcher Ihrem Wohnort am nächsten ist.
Ebenfalls fühlen sich manche Menschen im direkten Kontakt unwohl. Während ein direktes Gespräch von Angesicht zu Angesicht auch Intimität und Geborgenheit vermitteln kann, schafft diese höchstpersönliche Situation auch Kommunikationsbarrieren, die manchmal ein Mentoring erschweren können. So kann es Themen geben, über die Sie nicht gerne oder vielleicht nur mit großer Mühe sprechen wollen. Diese lassen sich in einer etwas distanzierteren Kommunikationsform leichter aussprechen, als bei einem nahen direkten Kontakt.
Zu guter Letzt kann es sein, dass auch die beste Mentoring-Beziehung irgendwann endet – und das manchmal nicht im Guten. Natürlich ist es immer wünschenswert, dass Sie sich perfekt mit Ihrem Mentor verstehen, doch nicht immer bleibt eine Arbeitsbeziehung bestehen. Basiert die Mentoring-Beziehung auf einer persönlichen Nähe, wie beispielsweise dem kollegialen Umfeld am gleichen Arbeitsplatz, dann kann es nach der Beendigung der Mentoring-Beziehung zu peinlichen Momenten kommen. Haben Mentor und Mentee jedoch lediglich das Online Mentoring in Anspruch genommen und teilen kein persönliches gemeinsames Umfeld, ist auch das Ende dieser Arbeitsbeziehung leichter.
Nachteile des Online Mentorings
So viele Vorteile der digitale Austausch zwischen Mentor und Mentee auch haben kann – es gibt auch Nachteile, die Sie sich vor Augen halten sollen, bevor Sie sich für oder gegen eine spezielle Form des Mentorings entscheiden.
Was der größte Vorteil ist, kann zugleich auch der größte Nachteil sein – der persönliche Kontakt. Während für manche Menschen kein Unterschied darin besteht, ob sie mit einer Person im gleichen Raum sitzen oder sie wenige Zentimeter entfernt am Bildschirm sehen, ist dies für andere Menschen ein großes Problem. Gerade in Zeiten vor der Pandemie haben Berührungen einen nicht unerheblichen Anteil in unserer Kommunikation eingenommen. Dieser Anteil stieg stark an, je emotional bedeutsamer und vertrauensvoller die Beziehung wurde.
Sitzen sich Mentor und Mentee nur am Computer gegenüber, fällt eine tröstende Umarmung weg, auch das aufmunternde Schulterklopfen hat „digital“ nicht wirklich den gleichen Effekt, welchen es im realen Leben erzielen würde. Die taktile Beziehung in einer ursprünglichen Form ist somit nicht mehr möglich, wenn Mentor und Mentee durch Technik getrennt werden.
Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass Hilfsmittel nur begrenzt eingesetzt werden können. Soll während der Sitzung „nur“ geredet werden, ist dies vielleicht weniger problematisch. Je nach Thema, welches bearbeitet werden soll, werden jedoch von professionellen Coaches und Mentoren häufig physische Hilfsmittel eingesetzt. Möchten Sie beispielsweise an Ihrem Selbstvertrauen arbeiten, dann kann etwas so Grundlegendes wie das Körperhaltungstraining Wunder bewirken, um Sie durch eine verbesserte Pose zu mehr Selbstvertrauen zu führen. Diese Techniken können häufig durch gymnastische Hilfsmittel und Übungen unterstützt werden – was beim digitalen Mentoring jedoch einiger Vorbereitung auf beiden Seiten bedarf.
Was ist besser? Das Online Mentoring oder der direkte Kontakt?
Bestimmt haben Sie es bereits geahnt: Ob das Fehlen des direkten Kontakts nun ein Vor- oder Nachteil ist, hängt ausschließlich von Ihrer persönlichen Wahrnehmung sowie Ihrer Bewertung ab, was Ihnen selbst in einem Mentoring-Prozess wichtig ist. Sie sollten daher zunächst weniger die Frage stellen, was besser sei. Fragen Sie sich: „Was ist besser für meine persönliche Situation?“
Machen Sie eine kleine Bestandsaufnahme und überlegen Sie, warum Sie überhaupt an einem Mentoring interessiert sind. Was sind Ihre Ziele, was genau wollen Sie erreichen? In welchen Lebensbereichen soll Ihnen der Mentor zur Verfügung stehen? Überlegen Sie weiter, was für ein Kommunikationstyp Sie sind? Können Sie gut mit anderen Menschen über weite Distanzen kommunizieren oder leidet die Qualität Ihrer gemeinsamen Gespräche darunter, wenn Sie sich nicht mit der anderen Person im gleichen Raum befinden? Ist Ihnen Körperkontakt wichtig oder ist dieser eher verzichtbar?
Auch über die Zeit nach dem Mentoring sollten Sie sich kurz Gedanken machen. Obwohl viele Mentoring-Beziehungen auf einen längeren Zeitraum angelegt sind, ist es eher unwahrscheinlich, dass diese Arbeitsbeziehung niemals enden wird. Wie wollen Sie später auseinandergehen? Ist es problematisch, wenn es ein gemeinsames berufliches oder soziales Umfeld gibt? Möchten Sie lieber sicherstellen, dass eine größere Distanz zwischen Ihnen und Ihrem Mentor möglich ist? Oder glauben Sie, dass die Nähe zu Ihrem Mentor Ihnen mehr bringen wird – auch wenn die Mentoring-Beziehung vielleicht irgendwann formal beendet wird?
Fazit: Sie selbst entscheiden, ob das Online Mentoring für Sie geeignet ist
Haben Sie Antworten auf all diese Fragen gefunden? Dann können Sie sich jetzt auf die Suche nach einem passenden Mentor machen und dabei die Kriterien anlegen, die Ihnen wichtig sind! Sie haben die Qual der Wahl, aber auch eine enorme Auswahl, je weiter Sie bereit sind, Ihren Suchradius zu ziehen!